In einer praxisrelevanten Entscheidung (BFH, Urteil vom 04.02.2025 – VIII R 4/22) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass auch ein weitgehend organisatorisch tätiger Zahnarzt als freiberuflich gilt, wenn er in einer Berufsausübungsgemeinschaft (Mitunternehmerschaft) tätig ist und seine Berufsqualifikation aktiv in die Organisation der Praxis einbringt.
Worum ging es?
Ein Seniorpartner einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis war seit Jahren nicht mehr direkt in die Behandlung eingebunden. Seine Aufgaben konzentrierten sich auf alle organisatorischen, verwaltungstechnischen und technischen Belange des Praxisbetriebs: Er kümmerte sich unter anderem um die Kommunikation mit Behörden, um Datenschutz, Instandhaltung der Geräte, interne Abläufe, bauliche Erweiterungen, Personalfragen sowie die Qualitätssicherung. Im Streitjahr behandelte er nur fünf Patienten in Ausnahmefällen und war ansonsten kaum in den Praxisräumen präsent.
Das Finanzamt sah in dieser Konstellation gewerbliche Einkünfte und drohte mit der sogenannten „Infizierung“ der gesamten Mitunternehmerschaft – mit erheblichen steuerlichen Folgen für alle Beteiligten.
Die Entscheidung des BFH:
Der Bundesfinanzhof erkannte die Tätigkeit dennoch als freiberuflich an. Maßgeblich sei, dass der Seniorpartner approbierter Zahnarzt ist und seine berufliche Qualifikation aktiv in die Praxis einbringt – auch wenn dies nicht unmittelbar am Patienten geschieht. Die Richter betonen, dass freiberufliche Mitwirkung auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit auf organisatorischer Ebene erfolgen kann. Die persönliche Teilnahme an der berufstypischen Leistung kann sich also auch auf administrative Aufgaben erstrecken, sofern sie integraler Bestandteil der Praxisorganisation sind.
Warum ist das bedeutsam?
Das Urteil stellt eine wichtige Klarstellung für Berufsausübungsgemeinschaften dar, insbesondere im Bereich der Heilberufe. Es erweitert das Verständnis der freiberuflichen Tätigkeit über die klassische Behandlung hinaus und erkennt an, dass auch administrative, organisatorische und strategische Aufgaben – insbesondere in größeren Praxen – zum Berufsbild gehören können. Der BFH hebt damit frühere, engere Auffassungen auf, wie sie etwa das FG Rheinland-Pfalz vertreten hatte, das eine freiberufliche Tätigkeit nur bei unmittelbarer Patientenbehandlung sah.
Fazit für die Praxis:
Berufsträger in Mitunternehmerschaften können auch dann als Freiberufler gelten, wenn sie hauptsächlich Managementaufgaben übernehmen – solange sie ihre Berufsqualifikation aktiv einbringen und Teil der berufstypischen Leistungserbringung sind. Das Urteil stärkt die Planungssicherheit und eröffnet Gestaltungsspielräume bei der internen Arbeitsteilung in Partnerschaftspraxen. Die sogenannte „Infizierung“ mit Gewerbebetrieb lässt sich damit in vielen Fällen vermeiden.